Der VII. Parteitag der KP Kubas als Meilenstein auf dem Weg zu einer sozialistischen Gesellschaft

Nachdem der VI. Parteitag mit seinen Beschlüssen die Weichen für die inhaltliche Gestaltung der künftigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung gestellt hatte, wurde nun die Perspektive für den Weg zu einer florierenden sozialistischen Gesellschaft geöffnet.

Die grundlegenden Beschlüsse des Parteitages dafür sollen erst nach wiederum ausgiebiger Volksaussprache, wie es in der sozialistischen demokratischen Praxis der kubanischen Gesellschaft charakteristisch ist, von einer Sondertagung des Zentralkomitees der Partei Ende 2016 (nach Redaktionsschluss) beschlossen werden. Erst dann wird dieser historische VII. Parteitag formal beendet sein.

Evaluation der Umsetzung

Natürlich hat der Parteitag auch die Ergebnisse aus der Einführung der Beschlüsse des vorangegangenen VI. Parteitages eingeschätzt. Er hat festgestellt, dass der festgelegte Kurs zur Aktualisierung des wirtschaftlichen und sozialen Modells erfolgreich fortgesetzt wurde, wobei die beschlossenen programmatischen Leitlinien ständig dynamisch den Erfordernissen der realen Entwicklung angepasst werden. Von den 313 beschlossenen Leitlinien waren zu Beginn des VII. Parteitages 21 Prozent vollkommen realisiert, 77 Prozent befanden sich im Prozess ihrer Einführung und 2 Prozent konnten nach Einschätzung der Parteiführung noch nicht eingeführt werden. Dem Parteitag wurde vorgeschlagen, in der Periode 2016–2021 insgesamt weitere 268 Leitlinien einzuführen. Man muss bedenken, dass dieser Prozess unter kubanischen Bedingungen sehr umsichtig, langsam und gründlich und ohne "Schock-Therapie" erfolgt. Bei der Modernisierung des Wirtschafts- und Sozialmodells müssen alle Bürger beteiligt sein. Natürlich müssen die Wirkungen der andauernden Krise des kapitalistischen Systems und die noch immer wirkende Blockadepolitik der USA-Regierung bei jedem Schritt in Rechnung gestellt werden.

Hindernisse

Als größtes Hindernis für die Gestaltung der Wirtschaftsvorhaben haben sich klar die doppelte Währung und die daraus resultierenden Wechselkurse herauskristallisiert. Die bald mögliche Beendigung dieses Zustandes muss erfolgen, um eine weitere schädliche Wirkung für die Wirtschaftsentwicklung auszuschließen. Natürlich ist dies auch notwendig, um eine einheitliche Basis für die Durchsetzung des sozialistischen Prinzips "Jeder nach seinen Möglichkeiten und jedem nach seiner Leistung" zu schaffen. Mit der schrittweisen Durchsetzung der Gerechtigkeit wird es auch besser gelingen, historisch überholte Vergütungen oder Privilegien abzuschaffen. Ebenso habe es die generelle Vereinheitlichung der Beschäftigten und die stabile Versorgung der Bevölkerung mit den vorgegebenen (Libreta) Grundnahrungsmitteln beeinträchtigt.

Wichtige Schritte bei Schulden, Devisen und Investitionen

Obwohl die akute, kritische Devisenlage noch immer präsent ist, konnte in der Zeit zwischen den Parteitagen eine gewisse Lockerung erreicht werden. Mit den Mitgliedsländern des Clubs von Paris konnten Schuldenprobleme erfolgreich geregelt werden und auch mit Russland und Mexiko wurden die beträchtlichen Außenstände erfolgreich verhandelt. Mit dem neuen Gesetzeswerk über die Politik der Auslandsinvestitionen hofft Kuba, eine wichtige Quelle für die Entwicklung des Landes erschlossen zu haben. Das neue Gesetz bietet den Anlegern mehr juristische Sicherheit, es sichert aber auch die nationale Souveränität, den Schutz der Umwelt und die rationelle Nutzung der Ressourcen.

Mit der Schaffung der Sonderentwicklungszone Mariel wurden über die neuen Regelungen über Investitionen hinausgehende zusätzliche Bedingungen geschaffen zur Stimulierung von Investitionen generell - sowohl durch die bessere Gestaltung der juristischen und administrativen Prozeduren, als auch durch den Ausbau der erforderlichen Infrastruktur. Ziel ist es, Quellen zur Steigerung von Exporten zu erschließen, Importe zu ersetzen, den Technologie-Transfer zu fördern sowie neue Möglichkeiten für die Beschäftigung und für langfristige Finanzierungen zu erschließen. Besonders auf diesen Gebieten ist die exterritoriale Wirkung der US-Blockade ein großes Hindernis.

Beträchtliche Veränderungen wurden auch in der Steuerung der Investitionen vorgenommen. Vor fünf Jahren erhielten die produktiven Bereiche und die Infrastruktur 45 Prozent der geplanten Mittel. Im Jahr 2015 wuchs ihr Anteil auf 70 Prozent, Partei und Staat haben besondere Anstrengungen unternommen, um den ganzen Bereich der Investitionen einer strengsten Kontrolle zu unterziehen.

Veränderung bei den Unternehmen

Natürlich wurden im Berichtszeitraum die Leitlinien im Kernbereich der Wirtschaft, den staatlichen sozialistischen Unternehmen, erfolgreich weiter durchgesetzt. Die Trennung von staatlichen und unternehmerischen Aufgaben ist vorangekommen, die Autonomie der Unternehmen ist auch mit der Qualifizierung der Kader gewachsen. Auch die Experimente in den neuen Provinzen Artemisa und Mayabeque haben neue, verallgemeinerungswürdige Erkenntnisse gebracht: so z. B. die Trennung der Aufgaben der exekutiven Organe der staatlichen Verwaltung von denen der gewählten Volksvertreter. So bekommen die gewählten Land- bzw. Kreistage bessere Möglichkeiten, ihre Kontrollfunktionen wahrzunehmen.

Congreso PCC

Plenum des Parteitags der PCC
Foto: Ismael Francisco, Cubadebate


Notwendige Korrekturen

Allerdings musste der Parteitag auch einige Prozesse korrigieren, die nicht den erwarteten Erfolg gebracht haben, wie etwa die Freigabe der Preise für landwirtschaftliche Produkte und Lebensmittel, was unmittelbar zu Korruption und ungerechter Bereicherung von Zwischenhändlern geführt hat.Im Bericht an den Parteitag wurde eingeschätzt, dass in den vorangegangenen fünf Jahren die mittleren Einkünfte um 43 Prozent gewachsen sind, aber trotzdem noch ungenügend sind, um den Grundbedarf der kubanischen Familien zu befriedigen. Positiv habe sich gezeigt, dass die Einführung des neuen Systems der Bezahlung nach Ergebnissen zu beträchtlichen Effektivitätssteigerungen geführt hat.

Mehr Wachstum nötig

Trotz aller Schwierigkeiten und besonders trotz der äußeren krisenhaften Einflüsse, wuchs in Kuba das Interne Bruttoprodukt in den Fünf Jahresperioden im Durchschnitt um 2,8 Prozent jährlich. Der Bericht an den Parteitag schätzte ein, dass dieses Wachstum noch nicht ausreichend war, um die Bildung produktiver Bedingungen und die erforderliche Infrastruktur zu sichern sowie die Entwicklung mit den erforderlichen Wachstumsraten fortzusetzen und den Konsum der Bevölkerung zu verbessern. Besonders problematisch ist noch immer die landwirtschaftliche Produktion. Noch immer müssen jährlich Lebensmittel für etwa zwei Millionen US-Dollar eingeführt werden, von denen nach Einschätzung der Kommunistischen Partei Kubas etwa die Hälfte in Kuba produziert werden könnte.

Einnahmequellen Tourismus und Medizindienstleistungen

Über die Hälfte der Deviseneinnahmen erhält Kuba durch medizinische Dienste und durch den wachsenden Tourismus, während sich der Anteil der traditionellen Exporte, wie Zucker und Nickel, durch Preisverfall auf den Weltmärkten reduziert. Im Jahr 2015 überstieg die Zahl der Touristen erstmals 3,5 Millionen Personen. Seit dem VI. Parteitag wurden über 10 900 neue Zimmer für Touristen geschaffen und weitere 7 000 Zimmer renoviert. Durch die Verlagerung des Hochseehafens in die Sonderzone Mariel ergeben sich ausgezeichnete Möglichkeiten, die historische Zone des Hafens von Havanna für den Tourismus zu nutzen und darüber hinaus die Stadt entsprechend zu gestalten.

Wichtigste Projekte zur Beschlussfassung

Vor Beginn des Parteitages hat das 13. Plenum des Zentralkomitees stattgefunden, das – unter Teilnahme der Mitglieder des Ministerrates – die Projekte für die wichtigsten Vorlagen zur Beschlussfassung dem Parteitag unterbreitete. Marino Murillo Jorge, Mitglied des Politbüros des Zentralkomitees der Partei und Leiter der Ständigen Kommission für die Umsetzung und Entwicklung der vom VI. Parteitag beschlossenen Leitlinien, berichtete über die bisherige Arbeit an diesen Vorlagen: "Konzept für das kubanische Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell der Sozialistischen Entwicklung" und "Vision der Nation, Strategische Prioritäten, Ziele und strategische Bereiche bis 2030";. An diesen Entwürfen haben neben den Mitgliedern des Zentralkomitees die kompetentesten Wirtschaftswissenschaftler, Professoren und Forscher mitgearbeitet. Nun werden sie von den Mitgliedern der Partei, von den Mitgliedern des Kommunistischen Jugendverbandes und Vertretern der Massenorganisationen diskutiert, bis sie schließlich gegen Ende des Jahres 2016 von einer Sonder-Plenartagung des Zentralkomitees beschlossen und der Obersten Volksvertretung unterbreitet werden. Damit wird der weitere Weg Kubas zum Sozialismus vorgegeben, wobei Murillo betonte, dass die Vorgaben durchaus auf dem Weg der Modernisierung des Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells weitere Überprüfungen und dialektische Anpassungen durchlaufen.

CUBA LIBRE Heinz Langer

CUBA LIBRE 1-2017